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Politische Betätigung - Gefahr für die Gemeinnützigkeit von Organisationen?

Die Satzungszwecke für gemeinnützige Organisationen wurden vom Bundesfinanzhof neu definiert. Organisationen bangen nun um ihre Gemeinnützigkeit.

2019 wurde vom Bundesfinanzhof das Attac Urteil verkündet. Seither herrscht bei vielen gemeinnützigen Organisationen und Vereinen große Unsicherheit darüber, wie diese im öffentlichen Raum auftreten dürfen, ohne dabei zu riskieren, ihren Status der Gemeinnützigkeit zu verlieren.

Was ist jetzt eigentlich noch erlaubt und was nicht? Was bedeutet das Attac Urteil für meine Organisation? In diesem Artikel gibt es einen Überblick zu den wichtigsten rechtlichen Eckpunkten und Hintergründen der Debatte, die Ihr wissen solltet.

Was steht auf dem Spiel?

Viele Organisationen befürchten, durch politische Betätigung das Siegel der Gemeinnützigkeit von den Finanzämtern entzogen zu bekommen. Dies würde sich nicht nur negativ auf das Image der Organisation oder des Vereins auswirken, sondern kann auch dazu führen, dass gewisse Fördermittel des Staats, die an den Status „gemeinnützig“ gebunden sind, nicht mehr bezogen werden können. Organisationen dürften als Folge des Entzugs der Gemeinnützigkeit auch keine Spendenbescheinigungen mehr ausstellen und die Spender selbst hätten nicht mehr die Möglichkeit, ihre Spenden steuerlich geltend zu machen.

Kern der Debatte - Politische Parteien vs. gemeinnützige Organisationen

Das Rückgrat unserer Demokratie ist die demokratisch beschlossene Verfassung. Um ein friedvolles und demokratisches Miteinander in Deutschland zu sichern, hat das Bundesverfassungsgericht festgelegt, dass die Förderung von Parteien durch Spenden nur begrenzt stattfinden darf. Hintergrund dafür sind die Aufgaben politischer Parteien, sich um die staatliche Willensbildung, das Aufstellen eines Parlaments und das Durchsetzen von Gesetzen zu kümmern. Dieser Prozess soll demokratisch und fair sein und nicht durch mächtige Konzerne mit hohen finanziellen Mitteln gesteuert werden.

Gemeinnützige Organisationen wiederum haben die Aufgabe der „selbstlosen Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet“ (Abgabenordnung§52). Für Vereine und Organisationen, die in diese Definition passen, gilt die oben beschriebene Spendenbegrenzung nicht.

Problematisch wird es rechtlich dann, wenn die gemeinnützigen Organisationen, welche oftmals durch große private Spenden finanziert werden, Einfluss auf die politischen Parteien und deren Aufgaben nehmen. Durch so einen Prozess könnte es zu einer Aushebung der Parteienfinanzierungs-Begrenzung kommen, was natürlich vom Staat zu vermeiden versucht wird, um das Herz der Demokratie zu schützen.

Rechtlicher Hintergrund des Urteils

Zwei Verfahren sind für Euch in der Debatte von Interesse. In dem ersten Fall hat sich der Bund für Naturschutz und Umweltschutz (BUND) eine Abstimmung in Form eines Volksbegehren mitorganisiert. Der BUND rief mit dazu auf, dass die Stadt Hamburg Energienetze zurückkaufen sollte. Auch wenn dies ein politisches Anliegen war, hat der Bundesfinanzhof (BFH) es im Jahr 2017 als legitimes Handeln eingestuft. Die Begründung für diese Einordnung ist, dass sich der BUND zwar politisch betätigt habe, damit aber ihrem übergeordneten und in der Satzung festgeschrieben Ziel, dem Naturschutz, gedient habe.

In dem zweiten Fall geht es um das 2019 entschiedene und umstrittene Attac Urteil. Drei Jahre zuvor hatte das Finanzamt dem globalisierungskritischen Verein Attac zum ersten Mal seine einst anerkannte Gemeinnützigkeit mit der Begründung entzogen, Attac verfolge auch "allgemeinpolitische Ziele, zum Beispiel steuer-, wirtschafts- und sozialpolitische Ziele wie die Regulierung der Finanzmärkte und die Einführung einer Finanztransaktionssteuer oder die Einführung einer Vermögensabgabe und eines Grundeinkommens." Das Finanzamt kritisierte, dass damit keine gemeinnützige Agenda verfolgt würde. Nachdem Attac Klage eingereicht hatte, wurde ihnen vom Finanzgericht Hessen in Kassel mit der Begründung Recht gegeben, dass der Verein seine Satzungszwecke Bildung und Förderung des demokratischen Staatswesens erfülle.

Im Jahr 2019 kam es überraschenderweise zu einer Revision dieses Urteils beim BFH, bei dem die Satzungszwecke Bildung und Förderung des demokratischen Staatswesens neu definiert und ein deutlich engerer Rahmen für politisches Engagement gezogen wurden. Im Zuge dessen wurde Attac die Gemeinnützigkeit abgesprochen und viele andere politische aktive Organisationen und Vereine fürchten seither ein ähnliches Schicksal.

Was nehme ich aus der Debatte für meine Organisation mit?

Das Urteil des BFH hat unterstrichen, dass Politik und Gemeinnützigkeit zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass Ihr Euch als Organisation nicht mehr politisch äußern und gemeinnützig betätigen dürft. Solange die in der Satzung festgeschriebenen Zwecke der Gemeinnützigkeit verfolgt werden, wie zum Beispiel die der Förderung von Wissenschaft und Forschung, von Entwicklungszusammenarbeit oder von Umweltschutz, ist es unausweichlich, dass auch politische Themen angesprochen werden. Die politische Äußerung darf dabei allerdings nicht zu einem Haupt- oder Selbstzweck werden und Überhand nehmen – der Fokus muss immer auf den gemeinnützigen Zwecken liegen!

Praktische Tipps, wie ihr der Falle, Eure Gemeinnützigkeit zu verlieren, entgeht

Zunächst betont der BFH, dass eine geistige Offenheit von Beiträgen wichtig ist. Es ist also stets darauf zu achten, dass die Inhalte Eurer Organisation oder Eures Vereins im Sinne der demokratischen Grundordnung dem Allgemeinwohl dienen und dabei im offenen Diskurs mit anderen Meinungen stehen und diese zulassen. Auch die Formulierungen sollten möglichst objektiv und sachlich fundiert gewählt sein, um dieser Offenheit zu dienen.

Zudem solltet ihr besonders dann darauf achten, wenn Eure NGO politisch aktiv ist, dass Ihr parteipolitische Neutralität wahrt. Der BFH hat vorgegeben, dass Ihr eine gewisse Distanz zu politischen Parteien bewahren müsst. Dass es dabei trotzdem zum Kontakt kommen wird, kann natürlich nicht immer vermieden werden. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass kein Abhängigkeitsverhältnis entsteht oder sehr enge organisatorische Verbindungen aufkommen.

In dem Attac-Urteil ist auch deutlich geworden, dass der BFH keinen politischen Aktivismus in der Gemeinnützigkeit zulässt. Achtet also darauf, dass Euer Ziel es nicht sein sollte, die politischen Meinungen, die Ihr vertretet, auch durchzusetzen - das ist Aufgabe der Parteien. Wichtig zu erwähnen ist jedoch, dass Ihr natürlich trotzdem im Vorfeld mit den Parteien über Eure Anliegen sprechen könnt und Lösungsvorschläge erarbeiten und diese kommunizieren sollt.

Mit diesen vier Punkten solltet Ihr erst einmal gewappnet sein, Eure Gemeinnützigkeit zu sichern. Bitte beachtet, dass dieser Artikel nur dazu dienen soll, Euch zu informieren und keine rechtliche Beratung darstellt.

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